Vorlesung · Ressourcen

06: Fallbearbeitung - Schadensersatz

06. November 2025

Diese Einheit dient dazu die Fallbearbeitung und das Thema Schadensersatz nochmal zu vertiefen.

rechtliche-grundlagenbgbzivilrechtallgemeiner-teilschuldrechtschadensersatz

Hier wird der Fall 4 aus der gesonderten Datei zur Fallbearbeitung ausführlich gelöst. Weitere Fälle werde ich ggf. noch hinzufügen.

Sachverhalt

K aus Wiesbaden unternimmt eine Geschäftsreise nach Flensburg. Auf einer Messe entdeckt er den Prototyp einer neuartigen CNC-Maschine zum Kaufpreis von 100.000 €. Er entschließt sich zum Kauf. K vereinbart mit dem Verkäufer V, dass K die Maschine im Anschluss an die Geschäftsreise abholen werde. K betont, dass die Maschine zum vereinbarten Termin (10.10.2024) abholbereit sein müsse, da er einen langen Weg nach von Wiesbaden nach Flensburg nicht unnötig machen möchte. Sollte etwas Unvorhergesehenes eintreten, bittet K den V um Mittteilung. Am 01.10.2024 brechen Unbekannte in das ordnungsgemäß verschlossene Lager des V ein und entwenden die Maschine. Als K am vereinbarten Termin die Maschine bei V abholen will, muss dieser einsehen, dass er umsonst mit einem Spezial-LKW (Kosten 3000 €) gekommen ist. K äußert sich verärgert, da ihm bereits ein Angebot des D über den Kauf des Prototyps in Höhe von 125.000 € vorliegt und ihm zusätzliche Kosten für den Spezial- LKW entstanden sind.

Kann K Schadenersatz für die gestohlene Maschine verlangen? Kann K Schadenersatz hinsichtlich der Aufwendungen für den Spezial-LKW verlangen?

Lösen Sie diese Aufgabe bitte in einem schriftlichen Gutachten.

Vorüberlegungen

  • Kaufvertrag
    • K kauft
    • CNC-Maschine über 100.000€ (Gattungsschuld oder Stückschuld?)
    • vereinbart mit V
    • K holt die Maschine nach der Geschäftsreise ab (Holschuld)
    • 10.10.2024 abholbereit sein muss
    • V soll Mitteilung bei Verzögerung
  • Einbruch in das lager (ordnungsgemäß verschlossen)
  • entwenden der Maschine
  • Spezial LKW - 3.000 euro
  • Angebot in Höhe von 125.000 und zusätzliche Schäden für den Spezial-LKW

Schadenersatz nach statt der Leistung aufgrund von nachträglicher Unmöglichkeit. → §§280 I, III i.V.m. 283 BGB

Alternativ für die Aufwendungen als Schadensersatz Neben der Leistung nach § 280 I, II i.V.m. BGB

Lösungsskizze

Statt der Leistung

Obersatz: K könnte Schadensersatz statt der Leistung von V verlangen gem. §§280 I, III i.V.m. 283 BGB.

Skizze:

  • Schuldverhältnis (+)
    • Kaufvertrag nach § 433 BGB zwischen K und V
    • somit liegt ein Schuldverhältnis vor
  • Pflichtverletzung (+)
    • Hierfür könnte eine Pflichtverletzung in Form der Verletzung der Hauptleistungspflicht vorliegen.
    • Laut Sachverhalt kann der Prototyp nicht übergeben werden. Hierdurch kann der V dem K nicht das Eigentum an dem Prototypen verschaffen. Dies ist eine Form der nachträglichen Unmöglichkeit nach § 275 I BGB. Es ist dem V nicht mehr möglich die Leistung zu erbringen.
    • Somit liegt eine Pflichtverletzung vor.
  • Vertretenmüssen (-)
    • Hier könnte eigenes Verschulde vorliegen, da die Maschine aus dem Lager des V entwendet worden ist.
    • Er hat dieses Verhalten zu vertreten sofern er dies vorsätzlich oder fahrlässig nach § 276 II BGB. Fahrlässig handelt, wer die in der Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
    • Laut Sachverhalt wurde das Lager des V ordnungsgemäß verschlossen, hiermit hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet.
    • Er hat die Pflichtverletzung somit nicht zu vertreten.
  • Schaden
    • Der Umfang des Schadens ist unerheblich, da V den Schaden nicht zu vertreten hat. Ergebnis: K kann von V keinen Schadensersatz statt der Leistung verlangen aus §§ 280 I, III, 283 BGB verlangen.

Schadensersatz Neben der Leistung

Obersatz: K könnte Schadensersatz Neben der Leistung von V verlangen gem. §280 I BGB.

Skizze:

  • Schuldverhältnis (+)
    • bereits festgestellt liegt ein Kaufvertrag vor
  • Pflichtverletzung
    • Hierfür müsste eine Verletzung einer Nebenpflicht nach § 241 II BGB vorliegen
    • Laut Sachverhalt wurde beim Abschluss des KV bestimmt , dass V Bescheid geben müsste, wenn eine Lieferung nicht möglich ist. V hat es unterlassen dem K Bescheid zu geben, dass die Maschine nicht mehr verfügbar ist und auch zu dem Tag nicht geliefert werden kann.
    • Somit liegt eine Verletzung einer Nebenpflicht vor.
  • Vertretenmüssen (+)
    • V hätte das Unterlassen des Bescheidgebens zu vertreten.
    • Er hat dieses Verhalten zu vertreten sofern er dies vorsätzlich oder fahrlässig nach § 276 II BGB. Fahrlässig handelt, wer die in der Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
    • Laut Sachverhalt wusste V am 01.10.2024, bzw. .spätestens am 02.10.2024, dass die Maschine nicht mehr geliefert kann. Er hatte also mindestens 8-9 Tage Zeit gehabt dem K Bescheid zu geben, dass eine Lieferung ausbleibt. V hat somit die zu erwartende Sorgfalt Bescheid zu geben verletzt.
    • Somit hat er die Pflichtverletzung zu vertreten.
  • Schaden (+)
    • Dem K müsste ein Schaden entstanden sein.
    • Laut Sachverhalt hatte der K Aufwendungen in Form des Spezial-LWK zur Abholung des Prototypen über 3.000 EUR. K ist somit Schlechter gestellt im Vergleich zu vor abschließen des Vertrags.
    • Ein Schaden ist dem K i.H.v. 3.000 EUR entstanden.
  • K kann Schadensersatz neben der Leistung i.H.v. 3.000€ von V verlangen gem. § 280 I BGB.

Ausformulierung

I. Anspruch des K auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 I, III, 283 BGB

K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB hinsichtlich des Wertes der gestohlenen Maschine haben.

1. Schuldverhältnis

Zwischen K und V wurde ein Kaufvertrag über den Prototyp einer CNC-Maschine zum Preis von 100.000 € geschlossen (§ 433 BGB). Ein Schuldverhältnis liegt somit vor.

2. Pflichtverletzung

Eine Pflichtverletzung könnte in Form der Unmöglichkeit der Leistung vorliegen (§ 275 Abs. 1 BGB).
V hat sich verpflichtet, K das Eigentum und den Besitz an dem konkreten Prototypen zu verschaffen. Da dieser Prototyp am 01.10.2024 durch einen Einbruch entwendet wurde, kann V die geschuldete Sache nicht mehr leisten.
Es liegt eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit vor.
Somit liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB vor.

3. Vertretenmüssen

V müsste die Unmöglichkeit zu vertreten haben (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
Vertretenmüssen umfasst Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).

Das Lager des V war jedoch ordnungsgemäß verschlossen, sodass der Diebstahl nicht auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen ist.
Es handelt sich um einen von V nicht zu vertretenden Diebstahl durch Dritte.

V hat die Unmöglichkeit nicht zu vertreten und ein Schadensersatzanspruch ist ausgeschlossen.

4. Ergebnis

K hat keinen Anspruch gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 I, III, 283 BGB.


II. Anspruch des K auf Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB (Kosten für den Spezial-LKW)

K könnte jedoch gegen V einen Anspruch auf Ersatz der Transportkosten in Höhe von 3.000 € aus § 280 Abs. 1 BGB haben.

1. Schuldverhältnis

Ein Schuldverhältnis liegt wie oben festgestellt in Form des Kaufvertrags vor (§ 433 BGB).

2. Pflichtverletzung

V könnte eine Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt haben.
K hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nur anreisen werde, wenn die Maschine abholbereit sei, und bat V darum, ihn zu informieren, sollte dies nicht möglich sein.

Da V spätestens am 01./02.10.2024 vom Diebstahl wusste, hätte er K rechtzeitig informieren müssen.
Die unterlassene Mitteilung stellt eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht dar.

3. Vertretenmüssen

V hat die Pflichtverletzung zu vertreten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
Er hätte mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt handeln und K unverzüglich informieren müssen.
Das Unterlassen stellt fahrlässiges Verhalten dar.

4. Schaden

Dem K müsste ein Schaden entstanden sein. K hat aufgrund der vergeblichen Anreise einen Vermögensschaden i.H.v. 3.000 € (Kosten für den Spezial-LKW) erlitten.
Der Schaden ist kausal auf die Pflichtverletzung zurückzuführen und somit liegt ein Schaden in Höhe von 3.000€ vor.

5. Ergebnis

K kann Schadensersatz in Höhe von 3.000 € gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen.


Gesamtergebnis

AnspruchErgebnisBegründung
Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 I, III, 283 BGB)❌ NeinDie Unmöglichkeit ist von V nicht zu vertreten.
Schadensersatz neben der Leistung (§ 280 I BGB)✅ Ja (3.000 €)Verletzung der Mitteilungspflicht; fahrlässiges Unterlassen.