Vorlesung · Ressourcen

05: Rechtliche Grundlagen - Fortführung Schuldverhältnis

30. Oktober 2025

Fortführung des Themas Schuldverhältnis mit Fokus auf Verantwortlichkeit des Schuldners, Schadenersatz und Leistungsstörungen gemäß BGB.

rechtliche-grundlagenbgbzivilrechtallgemeiner-teilvertretungvollmacht

3.2. Fortführung: Inhalt des Schuldverhältnisses

4. Verantwortlichkeit des Schuldners

  • Verschuldensprinzip: Haftung nur bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§§ 276, 277 BGB)
  • Haftung für Dritte: Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB)
  • Fremdverschulden: wenn Gehilfe mit Wissen und Wollen des Schuldners handelt

5. Schadenersatz

  • Schaden: jeder rechtlich relevante Nachteil
  • Kausalität: Handlung → Rechtsgutverletzung → Schaden
  • Arten:
    • unmittelbar/mittelbar
    • materiell/immateriell
    • Erfüllungs-/Vertrauensschaden
  • Naturalrestitution (§ 249 BGB): Wiederherstellung des Zustands vor Schaden
  • Vorteilsausgleich: „neu für alt“-Abzug

6. Leistungsstörungen (§ 280 ff. BGB)

  • Arten: Unmöglichkeit, Verzögerung, Schlechtleistung, Vereltzung einer Schutzpflicht, Pflichtverletzung
  • Ansprüche: Erfüllung, Schadenersatz, Rücktritt

Schadenersatzformen:

  • Neben der Leistung: Leistung bleibt bestehen (§ 280 I BGB)
    • Verpflichtung seines Versprechens muss immer noch erfüllt werden.
    • "Hier geht es um Begleitschäden"
  • Statt der Leistung: ersetzt Hauptleistung (§§ 280 III, 281 BGB)

Im Fokus stehen die Interessen des Gläubigers.

Voraussetzungen (§ 280 I BGB):

  1. Schuldverhältnis
  2. Pflichtverletzung
    • Unmöglichkeit der Leistung
    • Verzögerung der Leistung
    • Schlechtleistung
    • Verletzung einer Schutzpflicht
  3. Vertretenmüssen (§§276, 278 BGB)
    • Vorsatz
    • Fahrlässigkeit
  4. Schaden

Diese Übersicht ist sehr wichtig für die Klausur, um die Klausur zu bestehen

Schadensersatz bei Pflichtverletzung gem. § 280 I BGBbei ursprünglicher Unmöglichkeitbei nachträglicher Unmöglichkeitbei Verzögerung der Leistungbei Verzögerung der Leistung (statt der Leistung)bei Schlechtleistung / Verletzung einer Schutzpflichtbei Schlechtleistung (statt der Leistung)Begleitschäden (SchE neben der Leistung)
Anspruchsgrundlage§ 311a II BGB§ 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 283 BGB§ 280 I BGB i.V.m. §§ 280 II, 286 BGB§ 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 281 I BGB§ 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 281 I 1 BGB§ 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 282 BGB§ 280 I BGB unmittelbar
RechtsfolgeSchE statt der LeistungSchE statt der LeistungSchE neben der LeistungSchE statt der LeistungSchE statt der LeistungSchE statt der LeistungSchE neben der Leistung
Voraussetzungen / Hinweisebei Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis der Unmöglichkeitwenn der Schuldner von seiner Leistungspflicht nach § 275 BGB befreit ist(Verzögerungsschaden) wenn der Gläubiger an der verspäteten Leistung noch interessiert istwenn der Gläubiger an der verspäteten Leistung kein Interesse mehr hatwenn der Schuldner eine Haupt- oder Nebenpflicht verletztwenn der Schuldner eine allg. Rücksichtnahmepflicht i.S.v. § 241 II BGB verletzt und Annahme für den Gläubiger unzumutbar ist(Begleitschäden) wenn der Schuldner eine allg. Rücksichtnahmepflicht i.S.v. § 241 II BGB verletzt und der Gläubiger weiterhin annehmen will

Sonderfälle:

  • Unmöglichkeit (§§ 275, 311a BGB): Leistung dauerhaft oder praktisch unmöglich
    • 3 Unterschiedliche Varianten
      • 1: Echte Unmöglichkeit (§275 I BGB ): nicht behebbares Leistungshindernis für jedermann (also auch keinem anderen)
        • Bsp: Mona Lisa wird gekauft, aber das Gemälde ist in einem Brand verendet.
      • 2: Praktische Unmöglichkeit (§275 II BGB): Der Aufwand die Leistung tatsächlich zu leisten ist zu hoch und steht nicht im Verhältnis
        • Bsp: Silberring sinkt in den Mariannen Graben (Tiefe Schlucht im Meer), Aber der Aufwand genau diesen Ring zu holen ist so hoch, dass es sich nicht lohnt den Ring zu holen.
      • 3: "persönliche" Unmöglichkeit (§275 III BGB): Unzumutbarkeit der höchpersönlichen Leistung
        • Bsp: Ich mache das um 15:00 und bin bis 16:00 fertig (etwas was nur ich machen kann) — Aber derweilen, hat die Tochter einen Unfall ich muss dahin und kann dann nicht leisten.
    • "Wer nicht leisten kann, ist auch nicht zur Leistung verpflichtet.
    • Rechtsfolgen:
      • Keinen Anspruch auf die Gegenleistung
      • Ausschluss der Leistungspflicht, § 275 I, II, III BGB
      • Befreiung von der Gegenleistungspflicht, § 326 1 BGB
        • Wird der Schuldner gem. § 275 |-III BGB von der Leistungspflicht frei, kann auch der Gläubiger nicht länger verpflichtet bleiben. Ausnahme: Gläubiger ist für den Umstand gem. § 275 |-III BGB allein oder überwiegend verantwortlich oder Gläubiger ist im Annahmeverzug, § 326 || S. 1 BGB
      • Rückforderung einer schon erbrachten Gegenleistung, § 326 IV BGB
      • Anspruch auf das Surrogat, § 285 1 BGB
  • Verzögerung (§ 286 BGB): Schuldnerverzug nach Mahnung oder 30 Tagen

Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des Verzögerungsschaden, §§ 280 I, II, 286 BGB

  • Schuldverhältnis
  • Pflichtverletzung in Form der Leistungsverzögerung trotz Möglichkeit und Fälligkeit
  • Vertretenmüssen
  • Verzug des Schuldners § 286 BGB
    • Mahnung oder 30 Tagesfrist
    • grundsätzlich Mahnung erforderlich
    • Ausnahmen:
      • bestimmter Termin nach Kalenderzeit (TT.MM.YYYY)
      • berechenbar Termin nach Kalenderzeit (10 Tage nach TT.MM.YYYY)
      • Schuldner verweigert die Leistung ernsthaft und endgültig
  • Verzögerungsschaden

Möglich natürlich auch statt der Leistung §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB

  • Schuldverhältnis

  • Pflichtverletzung in Form der Leistungsverzögerung trotz Möglichkeit und Fälligkeit

  • Vertretenmüssen

  • erfolglose Bestimmung oder Entbehrlichkeit einer Nachfrist oder Abmahnung § 281 I-II BGB

    • Ausnahmen:
      • Schuldner verweigert die Leistung ernthaft und endgültig
      • weitere Besondere Umstände
  • Verzögerungsschaden

  • Schlechtleistung: mangelhafte oder fehlerhafte Leistung

    • Schadensersatz statt der Leistung (Verletzung einer leistungsbezogene Hauptpflicht) §§ 280 I, III 281 I 1 BGB
      • Schuldverhältnis
      • Pflichtverletzung in FOrm einer Schlechtleistung
      • Vertretenmüssen (280 I 2, 276, 278 BGB)
      • erfolglose Bestimmung oder Entbehrlichkeit einer Nachfrist § 281 I, II BGB
      • Schaden
    • Schadensersatz statt der Leistung (Verletzung einer Nebenpflicht i.Sv. § 241 II BGB) §§ 280 I, III 282 BGB
      • Schuldverhältnis
      • Pflichtverletzung in Form einer allgemeinen Schutzpflicht i.S.v. § 241 II BGB
      • Vertretenmüssen (280 I 2, 276, 278 BGB)
      • Unzumutbarkeit der Leistungsannahme durch den Gläubiger § 282 BGB
      • Schaden
  • Nebenpflichtverletzung: Schutzpflicht (§ 241 II BGB)

    • Schadensersatz neben der Leistung (Verletzung einer Nebenpflicht i.S.v. § 241 II BGB) § 280 I BGB
      • Schuldverhältnis
      • Pflichtverletzung in Form einer allgemeinen Schutzpflicht i.S.v. § 241 II BGB
      • Vertretenmüssen (§§ 280 I 2, 276 278 BGB)
      • Schaden
    • Schadensersatz wegen Mangelfolgeschäden § 280 I BGB
      • Schuldverhältnis
      • Pflichtverletzung in Form einer Schlechtleistung
      • Vertretenmüssen
      • Mangelfolgeschäden

7. Rücktritt (§ 323 BGB)

  • Voraussetzungen:
    • gegenseitiger Vertrag,
    • Pflichtverletzung in Form von Schlechtleistung/Verzögerung
    • Erfolglose Bestimmung oder Entbehrlichkeit einer Nachfrist §323 I, II BGB
      • Grundsatz muss Schuldner eine zweite Chance haben, deshalb muss eine Nachfrist erfolgen.
      • bei Unmöglichkeit Nachfrist ist entbehrlich, da nicht mehr möglich zu leisten
    • keine Ausschluss des Rücktrittsrecht § 323 V, VI BGB
    • wirksame Rücktrittserklärung
  • Kein Rücktritt nötig bei Unmöglichkeit (§ 326 V BGB)

8. AGB (§ 305 ff. BGB)

  • Merkmale: vorformulierte Vertragsbedingungen für viele Verträge
  • Einbeziehung: ausdrücklicher Hinweis + Möglichkeit der Kenntnis + Einverständnis
  • Überraschungsklauseln (§ 305c BGB): keine Vertragsbestandteile
    • Beispiel: ausländischer Gerichtsstand
    • 5k€ Provision, etc.

9. Schuldrechtsreform (digitale Produkte, §§ 327 ff. BGB)

Nicht Klausurrelevant!

  • Umsetzung der EU-Digitale-Inhalte-Richtlinie
  • Gilt für Verbraucher (B2C)
  • Geregelt: digitale Inhalte, Dienstleistungen, Beweislastumkehr, Verjährung

Übungsfragen:

Mögliche Wissensfragen zur Klausur

Teste dein Wissen mit kurzen formativen Prüfungen.

Der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz ist...

Definieren Sie den Begriff "Schaden"

Benennen Sie die Schlüsselvorschrift für nahezu alle Schadensersatzansprüche bei Leistungsstörungen sowie deren Voraussetzungen

Erläutern Sie den Begriff "Schlechtleistung"

Wann ist eine Mahnung bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen notwendig? Warum?

Fälle

Fall 23

Fall 23

Einfach

V verkauft an K ein Gemälde des berühmten Künstlers X, das im Eigentum des E steht und von dem er behauptet, er könne es von E erwerben, um es an K weiter zu verkaufen. Zwischen V und K wird ein Kaufpreis von 10.000 € vereinbart, der 2.000 € unter dem wirklichen Wert des Gemäldes liegt. E ist nicht bereit sein Gemälde zu verkaufen. Ist der Kaufvertrag zwischen V und K wirksam? Kann K Schadenersatz von V verlangen?

Lösungsskizze:

  • KV Abgeschlossen zwischen K und V.
    • Kaufvertrag immer noch wirksam nach §311a I BGB.
  • K könnte von V Schadenersatz gem. § 311a II BGB verlangen
    • Dies setzt voraus dass ein Vertrag besteht.
      • KV gem §433 BGB
    • Befreiung von der Leistungspflicht
      • Ursprüngliche Unmöglichkeit § 275 I BGB
      • Übergabe ist nicht möglich durch V
    • Kenntnis
      • er behauptet, dass er es kaufen könnte, aber nicht genau ob es wirklich möglich ist. Deswegen hätte er es wissen müssen.
    • Schaden
      • 2.000€, da er ja eigentlich ein Gemälde im Wert von 12k kriegt.
  • K kann von V Schadenersatz verlangen.

Fall 24

War mal ein Klausurfall

Fall 24

Mittel

B verkauft seinen PKW für 20.000 € an L. Nach Abschluss des KV, aber vor Übergabe und Eigentumsverschaffung des PKW fährt B in betrunkenem Zustand mit dem Auto gegen einen Baum. B überlebt; von dem PKW bleibt nur noch Schrott übrig. L war es schon gelungen, den PKW für 22.000 € an D weiterzuverkaufen. Kann L Schadenersatzansprüche geltend machen?

Lösungsskizze:

  • L könnte Schadensersatz statt der Leistung von B gem. § 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 283 BGB verlangen
    • Schuldverhältnis
      • Laut Sachverhalt liegt ein Kaufvertrag vor zwischen B und L über 20k €
      • Somit liegt ein Schuldverhältnis vor
    • Weiterhin müsste eine Pflichtverletzung gegeben sein
      • Laut Sachverhalt konnte der PKW nicht übergeben werden, da der PKW untergegangen ist (PKW ist schrott).
      • Echte Unmöglichkeit nach § 275 I BGB,
      • Pflichtverletzung ist gegeben
    • Vertretenmüssen
      • Eigenes Verschulden
        • Fahrlässigkeit § 276 II BGB ← Definition in die Ausarbeitung einbringen.
        • B fährt betrunken den PKW und verursacht einen Unfall, lässt also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht.
      • Laut Sachverhalt fährt B betrunken seinen B
      • er hat fahrlässig gehandelt
      • Hat somit sein Verhalten zu vertreten
    • Schaden
      • entgangener Gewinn von 2.000 Euro
  • L kann Schadensersatz i.H.v. 2.000 Euro verlangen

Fall 25

Fall 25

Mittel

V verkauft K auf einer Sammlerbörse eine wertvolle Vase, die er aus Angst vor Transportschäden zu Hause gelassen hat für 1500,- €, die K noch gleichtägig bezahlt. Sie verabreden, dass K die Vase vier Tage später bei V abholen soll. Zwei Tage nach dem Vertragsschluss zerstört der Sohn des V die im Wohnzimmer aufgestellte Vase beim Spielen. Muss V dem K Schadenersatz leisten?

Lösungsskizze:

  • K könnte Schadensersatz von V gem. § 280 I BGB i.V.m. §§ 280 III, 283 BGB verlangen
    • Schuldverhältnis
      • Kaufvertrag §433
    • Pflichtverletzung
      • Unmöglichkeit nach §275 I BGB
    • Vertretenmüssen
      • eigenes Verschulden → Fahrlässigkeit nach 276 II BGB
      • Vase wurde nicht sorgsam verwahrt
      • Nicht § 278 BGB, da das Kind nichts mit dem Kaufvertrag zu tun hat
    • Schaden
      • 1,5k Euro aufgrund bereits geleisteter Zahlung