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02 Rechtliche Grundlagen - BGB Allgemeiner Teil

02. Oktober 2025

Einführung in den BGB AT, Rechtssubjekte, Rechtsobjekte, Willenserklärungen, Rechtsgeschäft und Vertrag

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2.1 Rechtssubjekte

Werden im Gesetz als Person bezeichnet.

Klausurhinweis

Definitionen werden abgefragt wie:

  • Rechtsfähigkeit: Träger von Rechten und Pflichten
  • Geschäftsfähigkeit: Fähigkeit, selbständig im Rechtsverkehr und wirksam Erklärungen abgegeben zu können, § 104 ff. BGB
  • Deliktsfähigkeit: Fähigkeit, für schadenstiftende Ereignisse verantwortlich gemacht zu werden, §§ 827, 828 BGB

Natürliche Personen

Rechtsfähigkeit (§ 1 BGB)

  • Beginnt mit Vollendung der Geburt
  • Endet mit dem Tod
  • Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein

Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB)

StatusAlter/ZustandRechtsfolgeParagraf
GeschäftsunfähigKinder bis 7 JahreWillenserklärungen nichtig§ 104 Nr. 1, § 105 I
Dauerhafte geistige StörungWillenserklärungen nichtig§ 104 Nr. 2
Beschränkt geschäftsfähig7-18 JahreEinwilligung erforderlich*§ 106
Voll geschäftsfähigAb 18 JahreVolle Handlungsfähigkeit§ 2

*Ausnahmen bei beschränkter Geschäftsfähigkeit:

  • Lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB): Keine Einwilligung nötig
    • Vorsicht, vieles ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft (Verpflichtungen sind rechtlich nachteilig)
  • Taschengeldparagraph (§ 110 BGB): Leistung mit überlassenen Mitteln
    • Volle Leistung !!! die Leistung muss vollständig beglichen worden sein.

Deliktsfähigkeit

  • §828 BGB bei Minderjährigen ist dies eingeschränkt
  • Es kommt auch auf die Einsichtigkeit des Minderjährigen an § 828 III BGB

Fall 5: Mögliche Klausuraufgabe (lite)

Mittel

A, 17 Jahre alt, studiert am Institut für MKT in Lingen WiING. Er benötigt dringend einen neuen Computer für sein Studium, da sein alter Computer kaputtgegangen ist. A findet ein attraktives Angebot von B auf einer Online-Plattform: Ein gebrauchter Computer, perfekt für seine Anforderungen und zum Preis von 300 €. Begeistert vom Angebot, entschließt er sich ohne Einwilligung seiner Eltern, den Computer zu kaufen.A hebt das Geld für den Computer unmittelbar vom Konto ab, welches seine Eltern für ihn eingerichtet haben und auf welches sein monatliches Taschengeld fließt. Die Übergabe findet persönlich statt. A erhält den Computer von B und übergibt sogleich den Kaufpreis.

Zuhause angekommen, stellt sich jedoch heraus, dass der Computer erhebliche Mängel aufweist, die im Inserat nicht angegeben waren. Die Leistungsfähgikeit des Gerätes ist deutlich schlechter als vereinbart, und eine wichtige Software für das Studium läuft nicht stabil. A ist unglücklich mit dem Kauf und fragt sich , ob der Kaufvertag zwischen ihm und B wirksam abgeschlossen wurde.

Lösen Sie diese Aufgabe bitte in Form eines schriftlichen Gutachtens.

Juristische Personen

Juristische Personen sind "Kunstschöpfungen der Rechtsordnung". Es gibt sie weil wir es so zulassen. Sie sind aber im Grundsatz erstmal von uns ausgedacht.

Rechtlich verselbstständigte Organisationen:

  • Privatrecht: GmbH, AG, e.V., Stiftungen
  • Öffentliches Recht: Körperschaften, Anstalten, Stiftungen

Rechtsfähigkeit: von der Rechtsordnung als selbständiger Rechtsträger in Form von Personenvereinigungen oder Vermögensmassen anerkannt.

Handlungsfähigkeit: durch zuständige Organe als gesetzlicher Vertreter § 26 BGB

Deliktsfähigkeit: durch Organhaftung § 31 BGB.

2.2 Rechtsobjekte

Sachen (§ 90 BGB)

  • Körperliche Gegenstände
    • sinnlich wahrnehmbar
    • räumlich abgrenzbar
    • beherrschbar
  • Bewegliche Sachen: "Mobilien"

  • unbewegliche Sachen: "Immobilien"
    • Beispiel: Grundstücke
  • Tiere sind keine Sachen! Aber werden wie solche behandelt.

Rechte

  • Forderungen
  • Immaterialgüterrechte
  • Sonstige Rechte

2.3 Willenserklärungen

Definition und Bestandteile

Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung eines auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichteten Willens.

Bestandteile des inneren Willens:

  1. Handlungswille: Bewusstsein zu handeln
  2. Erklärungsbewusstsein: Bewusstsein, rechtserheblich zu handeln
  3. Geschäftswille: Wille zur konkreten Rechtsfolge

äußerer Wille:

  • Objektiver Bestandteil einer WE
  • äußerliche wahrnehmbare Handlung

Arten von Willenserklärungen

Nach Äußerungsform:

  • Ausdrücklich: Wörtlich oder schriftlich
    • Bsp: Ich möchte diese Uhr für 300€ kaufen.
  • Konkludent: Durch schlüssiges Verhalten (indirekt mittelbar)
    • Bsp: Einkauf in SB Läden: Kunde präsentiert wortlos die aus den Regalen entnommene Ware an der Kasse und zahlt dem vom Verkaufspersonal eingetippten Betrag.
  • Schweigen: Grundsätzlich keine WE (Ausnahmen!)
    • Es gibt jedoch gesetzliche Ausnahmen (§362 I HGB; Parteien haben schweigend vertraglich vereinbart.)

Nach Empfängerbedürftigkeit:

  • Empfangsbedürftig: Muss zugehen (§ 130 BGB)
    • Der Empfänger muss sich auf die Rechtsfolge einstellen können. Dann ist eine WE empfangsbedürftig.
  • Nicht empfangsbedürftig: z.B. Testament

Wirksamwerden und Zugang (§ 130 BGB)

Empfangs und Zugangstheorie:

Zugang unter Anwesenden:

  • Tatsächliche Vernehmung: Hat er hören und verstehen können.

Zugang unter Abwesenden:

  • Gelangen in den Machtbereich
    • Bsp.: Wenn der Brief in den Briefkasten geworden ist → Machtbereich wurde erschlossen.
  • Möglichkeit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen
    • wird angenommen und unterstellt.
    • bis 14:00 in den Briefkasten → Zugang am gleichen tag unterstellt.
    • Alles danach gilt der Zugang am nächsten Tag.

Widerruf (§ 130 I S. 2 BGB):

  • Muss vor oder gleichzeitig mit WE zugehen

Fall

Einfach

Mieter*\in M kann laut Mietvertrag das Mietverhältnis über die Wohnung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen.

  1. M schreibt am 30.04. Vermieter*in V einen Brief, in dem M zu Ende Mai die Wohnung kündigt und wirft den Brief am gleichen Abend in den Hausbriefkasten des V. Ist die Kündigung wirksam?
  2. M schreibt am 30.04. Vermieter*in V einen Brief, in dem M zu Ende Mai die Wohnung kündigt und wirft den Brief am gleichen Abend in den Hausbriefkasten des V. Ist die Kündigung wirksam?

Fall 7: Wirksamwerden von WE

Mittel

K möchte von V einen Computer in Wert von 1.500 € kaufen. K gibt die Bestellung am 20.09. per Brief auf. Nach Einwurf in den Briefkasten der Post, entscheidet sich K den Computer doch nicht kaufen zu wollen. K ruft V sogleich an und erklärt, er habe es sich anders überlegt. V besteht auf den Kaufvertrag. Zu Recht?

Zugang bei WE ggü. einer Mittelsperson

Empfangsbotin:

  • "personifizierte Empfangsvorrichtung" (kein Stellvertreter)
  • Wenn die WE verändert oder untergeht, dann liegt dies im Verantwortungsbereich des Empfängers, da er ausgewählt hat wie er seine WE empfängt.

Erklärungsboten: (§164 III BGB)

Kann ich eine 5 jährige eine Willenserklärung als Mittlerin abgeben ? also Als Bote.

  • Ja kann man → Der Vertrag wird aber nicht mit der Mittlerin abgeschlossen.

2.4 Rechtsgeschäft und Vertrag

Grundbegriffe der Rechtsgeschäftslehre

  • Privatautonomie
    • Die Privatautonomie ist das rechtliche Grundprinzip, dass jede Person ihre rechtlichen Beziehungen im privaten Bereich selbst gestalten darf.
  • Vertragsfreiheit
    • Die Vertragsfreiheit ist eine Ausprägung der Privatautonomie. Sie bedeutet die Freiheit, Verträge nach eigenem Willen zu schließen oder nicht zu schließen und deren Inhalt frei zu gestalten.

Rechtsgeschäft

Tatbestand aus einer oder mehreren Willenserklärungen zur Herbeiführung eines rechtlichen gewollten Erfolgs.

Arten:

  • Einseitig: Eine WE genügt (z.B. Kündigung)
  • Mehrseitig: Mehrere WE erforderlich (z.B. Vertrag)

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

VerpflichtungsgeschäftVerfügungsgeschäft
ZweckBegründet VerpflichtungÜberträgt/ändert Recht unmittelbar
BeispielKaufvertrag (§ 433)Eigentumsübertragung (§ 929)
VoraussetzungGeschäftsfähigkeitVerfügungsmacht
Wirkung"Bindet""Wirkt"
Bindungrechtliches DÜRFENrechtliches KÖNNEN

Abstraktionsprinzip: Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind rechtlich getrennt!

Achtung: Auch bei einer Übergabe einer Sache muss eine Einigung vorliegen. Also hier gilt es auch die Geschäftsfähigkeit zu berücksichtigen.

Fall 9: Abstraktionsprinzip

Einfach

A geht zum Bäcker B und kauft 3 Brötchen für 1,20 €. A zahlt bei B mit einer 2€-Münze und erhält das Wechselgeld zurück. B übergibt A die Brötchen. Wie viele RG sind geschlossen worden?

Fall 9: Abstraktionsprinzip

Einfach

A ist 15 Jahre alt und kauft bei B ein Fahrrad. B übergibt das Fahrrad, A bezahlt es in bar. Welche Rechtsgeschäfte wurden wirksam geschlossen? Welche Rechtsgeschäfte sind unwirksam?

Klausurhinweis: Auswendig lernen, da nicht im Gesetz

  • §110: Taschengeldparagraf
    • Volle Leistung: die Leistung muss vollständig beglichen worden sein, um diesen Paragraphen anwenden zu können.
  • §130: Wirksamwerden zu WE in Abwesenheit
    • Tatbestände des Machtbereichs und Möglichkeit der Kenntnisnahme